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Autorin Susanne Eisele

Weihnachtsgeschichte (2022)

Wo sind die Weihnachtsgeschenke?

Mit vor Schreck geweiteten Augen blickte der Weihnachtsmann in die Lagerhalle für Geschenke. „Was ist denn … wie kann das …“, stotterte er. Hielt inne. Sichtlich angestrengt überlegte er, dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus, das schließlich in ein befreites Lachen überging.
Beim Anblick des leeren Saals war er von einer Katastrophe ausgegangen, aber wahrscheinlich hatten seine fleißigen Helfer-Elfen einfach schon den Inhalt der ersten Halle auf seinen Schlitten gepackt. Wie er wusste, konnte man auf diesem weitaus mehr verstauen, als es von außen den Anschein hatte.
Gemütlich schlenderte er zur nächsten Halle und stutzte. Auch leer? War das alles auf seinen Ersatzschlitten gepackt worden, um an den Weihnachtstagen Zeit zu sparen? Das war bislang noch nie vorgekommen, aber warum eigentlich nicht. Die Tage waren so furchtbar hektisch, da ja immer mehr Kinder gab, die Geschenke haben wollten, da war ein wenig Organisation und Effizienz wirklich nicht schlecht.
Als er auch die dritte Halle leer vorfand, bekam er so eine Ahnung, dass daran nicht seine Helfer-Elfen Schuld waren. Mit gehetztem Gesichtsausdruck und einem üblen Magendrücken lief er, so schnell ihn seine Beine trugen zu seinem Schlitten – leer. Ein Kontrollblick zum Ersatzgefährt – auch leer. Für einen Moment zog es ihm regelrecht den Boden unter den Füßen weg, deshalb setzte er sich lieber auf den Rand des Schlittens, bevor seine wackeligen Beine unter ihm nachgeben konnten.
Eine ganze Weile starrte er nur ins Leere, unfähig das volle Ausmaß dieser Katastrophe zu begreifen. In zweiundzwanzig Tagen war Weihnachten. Selbst mit der ganzen Magie der Elfen war es unmöglich in diesen wenigen Tagen drei Lagerhallen mit Geschenken zu füllen. Was sollte er nur tun? Was KONNTE er tun?
Nachdem er sich noch eine Weile selbst bedauert hatte, stand er entschlossen auf, lief in die Werkstatt und brüllte aus Leibeskräften: „Elfen! Sofort alle zu mir!“
Alarmiert durch diesen Befehlston, strömten alle schnell herbei. Sogar die Rentiere sahen erstaunt zu den Fenstern herein.
Kaum war der letzte Elf eingetroffen, fuhr der Weihnachtsmann seine versammelte Mannschaft wütend an: „Wo sind denn bloß alle Geschenke hin?“
Die so angebrüllten wechselten ratlose Blicke. Von was sprach ihr Boss da? Einer nach dem anderen zuckte die Schultern. Der Elfensprecher, Malin, trat schließlich einen Schritt vor: „Die Geschenke sollten in den Schuppen sein. Wir sind noch nicht dazu gekommen, die auf den Schlitten zu packen, weil wir noch dabei sind, die letzten fertigzustellen. Warum fragst du?“
„Weil die verd*** Hallen leer sind. Deshalb!“ Er besah sich den Elf eindringlich, der sichtlich erbleichte. Angesichts der Reaktion holte er tief Luft und fragte dann deutlich sanfter: „Hat einer von euch heute schon in die Lagerräume geschaut?“
Erneut sahen die Elfen einander ratlos an und zuckten einmal mehr die Schultern. Malin musterte seine Elfengefährten, den Weihnachtsmann, dann lief er zu den Magazinen. Nur wenige Zeit später kam er zurück, bleich wie eine weißgetünchte Wand und mit Tränen in den Augen. „Die Hallen sind leer – wie können die leer sein? Gestern noch waren sie randvoll. Ich hatte schon Schwierigkeiten, die weiteren Sachen unterzubringen. Das ist doch ein schlechter Scherz!“
Jetzt redeten alle Elfen durcheinander, immer mehr liefen ebenfalls zu den Schuppen, weil sie es nicht glauben konnten, kamen jedoch schnell bleich und schockiert zurück. Eine Weile betrachtete sich der Weihnachtsmann den Aufruhr, dann hob er die Hände. Laut bat er die Elfen um einen Moment Ruhe. Nachdem diese eingekehrt war, sprach er mit normaler Stimme, aus der jegliche Wut gewichen war: „Es sieht so aus, als seien wir bestohlen worden. Eine Spurensuche wird nichts bringen. Zum einen hat es heute Nacht geschneit, zum anderen sind wir jetzt alle so oft hin und her gelaufen, dass jede Fährte vernichtet wurde.“
Die Elfen machten betroffene Gesichter. Der Weihnachtsmann beeilte sich, erneut beschwichtigend die Hände zu heben. „Ich mache niemandem einen Vorwurf. Hättet ihr mir berichtet, dass die Hallen leer sind, hätte ich mich auch erst von der Richtigkeit der Nachricht überzeugen wollen.“ Er machte eine kurze Pause. „Viel wichtiger ist die Frage, wer uns bestohlen hat und wie wir die Geschenke rechtzeitig vor Weihnachten zurückholen können. Hat jemand eine Idee?“
Zunächst sah er in ratlose Gesichter, dann trat Berni, einer der Elfen vor. „Ich würde sagen, dass ein Mensch bei uns eingebrochen ist. Die können doch nie genug haben. Denen traue ich zu, dass sie einfach alles mitnehmem.“
Die anderen Elfen nickten, außer Malin. „Das glaube ich nicht. Zum einen lässt die magische Barriere keine Menschen durch, zum anderen wäre es Menschen gar nicht möglich so schnell und so leise die Hallen leerzuräumen, dass weder wir noch die Rentiere etwas mitbekommen. Da diese nicht Alarm geschlagen haben, muss der Diebstahl geschehen sein, als auch sie schliefen. Nein, Menschen würde ich ausschließen.“
Der Weihnachtsmann nickte bedächtig. „Die Argumentation ist gut und richtig. Wer könnte es aber sonst gewesen sein? Es muss auf jeden Fall ein fantastisches Wesen sein, sonst hätte es die Barriere nicht überwinden können und auch die Hallen nicht so schnell ausräumen. Wer kommt da in Betracht?“
Erneut überlegten alle fieberhaft. Nach kurzer Zeit meldete sich Coldin zu Wort. „Ich würde auf den Nikolaus tippen. Der braucht ja auch viele Geschenke. Normalerweise bringt er nur Süßigkeiten, aber vielleicht will er den Kindern auch mal etwas anderes bringen, als nur Lebkuchen und Schokolade.“
Die anderen nickten zustimmend.
„So richtig kann ich mir das nicht vorstellen“, brummte der Weihnachtsmann. Als daraufhin ein Gemurmel bei den Elfen einsetzte, fügte er schnell hinzu: „Aber ich werde zu ihm gehen und ihn fragen.“

„Ho, Nikolaus, bist du zuhause?“, rief der Weihnachtsmann, als er kurz darauf bei diesem angekommen war.
Freudestrahlend trat der Gerufene aus dem Haus. „Ho, Weihnachtsmann. Was verschafft mir die Freude deines Besuchs? Vor allem jetzt zu dieser Zeit, solltest du da nicht deine Elfen beaufsichtigen, damit alles rechtzeitig für Weihnachten fertig wird?“
„Da hast du mir schon das richtige Stichwort geliefert“, sagte der Weihnachtsmann, während er die Hand des anderen schüttelte. „Stell dir vor, als ich heute in die Lagerhallen ging, waren die leer. Alles ausgeräumt!“
Mit offenem Mund und großen Augen starrte ihn der Nikolaus einen Moment an, dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. „Haben dir die Elfen einen Streich gespielt und schon alles auf deinen Schlitten gepackt?“
Bekümmert schüttelte der Weihnachtsmann den Kopf. „War auch mein erster Gedanke, aber nein. Die waren über das Verschwinden der Geschenke genauso entsetzt wie ich.“
„Aber wo soll das den hingekommen sein?“, fragte der Nikolaus erstaunt. Dann fielen ihm fast die Augen aus dem Kopf. „Das hier ist kein Freundschaftsbesuch, oder? Du hast mich im Verdacht, dass ich die Geschenke geklaut hätte.“
Energisch schüttelte der Weihnachtsmann den Kopf. „Nein! Also ich verdächtige dich nicht, der Verdacht wurde jedoch geäußert. Deshalb bin ich hier, um mit dir zu reden, damit ich sagen kann, dass ich das geprüft habe.“
Der Nikolaus schüttelte fassungslos den Kopf. Dann winkte er dem Weihnachtsmann, mit ihm zu kommen.
„Hier, meine Speicher“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, als sie dort angekommen waren. Er öffnete das Tor und ließ seinen ungebetenen Gast eintreten. „Ich kann dir für alles die Lieferpapiere zeigen. Für jedes einzelne Stück.“
Der Weihnachtsmann fühlte sich recht unwohl, ließ aber dennoch seinen Blick über die Regale schweifen. Alles was er sah, waren Süßigkeiten, Lebkuchen und Nüsse. Er wandte den Blick ab.
„Danke, für dein Verständnis, dass du mir das gezeigt hast.“ Er stockte. „Hast du eine Ahnung, wer bei mir eingebrochen sein könnte? Menschen können es nicht gewesen sein, aber wer hat sonst Interesse an dem ganzen Spielzeug? Ich meine, dass das eine oder andere Stück wegkommt kann ich ja noch nachvollziehen, aber drei Lagerhallen voll?“ Niedergeschlagen stand er da.
Der Nikolaus wiegte seinen Kopf hin und her. „Ich kann  mir auch nicht denken, wer hinter dem Diebstahl stecken soll – aber …“ unbehaglich knetete er seine Hände.
„Aber was? Sag was du weißt oder denkst. Ich bin wirklich um jeden Hinweis dankbar.“
„Weil du gefragt hast, wer so viel Spielzeug brauchen kann. Da fällt mir nur eine Person ein, aber dieser würde ich keinen Diebstahl zutrauen.“ Dem Nikolaus war weiter sichtlich unwohl. „Gebrauchen könnte so viel Geschenke außer uns beiden eigentlich nur das Christkind.“ Jetzt war es raus. Voller Unbehagen sah er den Weihnachtsmann an. Dieser sog erschrocken die Luft ein.
„Du hast recht, mit beiden. Das Christkind beschenkt die Kinder auch – aber es würde niemals stehlen.“ Der Weihnachtsmann richtete sich entschlossen auf. „Dennoch werde ich es aufsuchen. Vielleicht war es ja ein Helfer und es weiß gar nichts davon.“ Er wandte sich um, blickte dann nochmals zum Nikolaus zurück. „Danke für deine Offenheit und nichts für ungut.“
Der Nikolaus nickte. „Ich würde auch nichts unversucht lassen, wenn meine Lagerhallen plötzlich leer wären und das so kurz vor der Bescherung. Ich drück dir die Daumen, dass du herausfindest, was mit den Spielsachen geschehen ist.“
Am magischen Nordpol war kein Weg wirklich weit und so stand der Weihnachtsmann schon ein paar Minuten später vor der Tür des Christkinds. Er wollte es auf keinen Fall verärgern oder beleidigen, weshalb er nicht recht wusste, wie er seine Worte wählen sollte. Er beschloss daher, einfach die Wahrheit zu sagen. Das war zwar sehr direkt, aber es war ihm bekannt, dass das Christkind Ehrlichkeit sehr zu schätzen wusste.
Er wollte klopfen, doch seine Faust blieb hoch erhoben vor der Tür schweben, als diese geöffnet wurde, bevor sie sich auf das Holz hatte senken können.
„Hallo Weihnachtsmann, es ist lieb von dir, dass du hereinschaust, leider habe ich gerade so gar keine Zeit, um ein Tässchen Tee mit dir zu trinken“, sagte das Christkind, das in der Tür stand. Seine lockigen goldenen Haare standen in alle Richtungen ab, auch sonst machte es den Eindruck, als sei es am Morgen in aller Eile aufgestanden, ohne auch nur das Nachtgewand abzustreifen.
„Was ist passiert?“, fragte er alarmiert. So wie das Christkind aussah, musste sein eigenes Problem erst einmal warten.
„Jemand ist bei mir eingebrochen und hat einige Geschenke gestohlen. Wobei – einige trifft es nicht ganz, das halbe Depot ist leer!“
Entsetzt starrte der Weihnachtsmann sein Gegenüber an.
„Ja, komm mit und sieh dir das an! Der Lagerraum war ganz voll.“ Mit diesen Worten stapfte das Christkind an ihm vorbei zu den gegenüberliegenden Lagerhallen. „Mir ist heute Nacht eine gute Idee für ein Geschenk gekommen und die ich wollte noch vor dem Frühstück aufzeichnen. Dann habe ich den Diebstahl gemerkt und versuche seither zu ergründen, wer so etwas tun könnte – und warum. Zuerst hatte ich sogar dich im Verdacht, aber ich weiß, wie fleißig deine Elfen sind, weshalb du es ganz sicher nicht nötig hast, so etwas zu tun.“ Es sah den Weihnachtsmann mit Tränen in den Augen an. „Aber wer könnte es gewesen sein? Wer ist so grausam zu den Kindern, dass ein Teil der Kinder ohne Geschenke dasteht?“
„Ein großer Teil der Kinder“, merkte der Weihnachtsmann an.
Irritiert sah ihn das Christkind an. „Nun ja, einiges ist ja noch da und ein bisschen was kann ich bis Weihnachten wieder beschaffen. Dennoch wird es eben nicht für alle Kinder reichen.“
„Es reicht für einen großen Teil der Kinder nicht, weil bei mir alle drei Lagerhallen leergeräumt wurden. Egal wie fleißig meine Elfen auch werkeln, diesen Verlust können sie nicht mehr ausgleichen“, sagte der Weihnachtsmann düster.
Entsetzt sah ihn das Christkind an, es öffnete den Mund, doch kein Ton kam über seine Lippen.
„Ich war schon beim Nikolaus, bei dem fehlt nichts, er hat aber auch ganz sicher nichts genommen. Jetzt bin ich bei dir und hier wurden ebenfalls Geschenke gestohlen. Das kann kein Zufall sein. Bleibt aber die Frage, wer war der Dieb? Was will er mit den ganzen Spielsachen?“
Ratlos sahen sich die zwei an.
„Menschen können es nicht gewesen sein, die kommen hier nicht hin“, begann das Christkind zögerlich. „Aber wer von den magischen Wesen, die hier Zugang haben hat denn Interesse oder Verwendung für Menschenspielzeug. Vor allem für so viel. Drei von deinen Lagerhallen sind ja ein vielfaches von dem, was ich insgesamt hier lagere.“
„Du sagtest vorhin etwas, das ein Motiv sein könnte“, überlegte der Weihnachtsmann laut. „Du fragtest dich, wer so grausam zu den Kindern sein würde, für die die Sachen bestimmt waren. Vielleicht wollte der Dieb ja tatsächlich keine Geschenke für sich, sondern wirklich nur den Kindern Leid zufügen – und nebenbei unser Ansehen schädigen.“
Das Christkind bekam große Augen. „Das … aber wer? Nein, wer wäre denn so gemein?“
Nach einigen „Hmmm“ und „Ja, Nein, ähhh“, sah der Weihnachtsmann, der auf seine Füße gestarrt hatte plötzlich auf. „Könnte es der Krampus gewesen sein?“
Erst wollte das Christkind widersprechen, bremste sich jedoch selbst. „Er hat sich in den ganzen Jahrhunderten nichts dergleichen zu Schulden kommen lassen. Aber mir fällt niemand anderes ein. Wie wäre es, wenn wir ihm einen Besuch abstatten?“
Gesagt, getan. Wenige Minuten später standen sie vor dem Haus des Krampus. Wenn man sich das Postkartenidyll von einem Haus so ansah, glaubte man kaum, dass dort ein Wesen mit schwarzem Fell und Hörnern wohnte, das durch seinen bloßen Anblick die Sterblichen erschreckte.
Der Weihnachtsmann und das Christkind klopften an der Haustür. Sie mussten nicht lange warten, dann wurde sie geöffnet und sie standen dem Krampus gegenüber.
„Ho, Krampus“, begrüßte ihn der Weihnachtsmann. Das Christkind nickte freundlich mit dem Kopf.
„Hallo ihr beiden. Was verschafft mir die Ehre eures Besuchs?“, fragte der Krampus.
„Ei, das ist so …“, begann der Weihnachtsmann, wurde aber vom Christkind unterbrochen.
„Du bist doch sehr aufmerksam und weißt, was in der Welt so an Schlechtem passiert.“
Der Krampus nickte. „Braucht ihr einen Tip, wer kein Geschenk erhalten soll?“ Dabei lächelte er, was aufgrund seiner langen Fangzähne eher bedrohlich wirkte.
„Nun, eher einen Tip, wo unsere Geschenk hingekommen sind“, murmelte der Weihnachtsmann.
„Was meinst du damit?“, fragte der Krampus mit einem leicht ärgerlichen Unterton.
„Beim Weihnachtsmann wurden alle Spielsachen gestohlen, bei mir nicht alles, aber doch so einiges“, erklärte das Christkind.
„Und was wollt ihr dann hier bei mir?“, erkundigte sich der Krampus mit gerunzelter Stirn.
„Wie schon gesagt, du weißt was in der Welt passiert, bekommst viel mit. Vielleicht kannst du uns einen Hinweis geben, wer die Geschenke genommen haben könnte.“ Das Christkind sagte dies so sanft wie möglich, um sein Gegenüber nicht zu verärgern.
„So, so, einen Hinweis. Ihr wolltet nicht zufällig mich des Diebstahls bezichtigen?“ Der Krampus begann, sich in Fahrt zu reden.
Er holte Luft, um sich weiter zu echauffieren, als von den Wohnräumen eine Stimme rief: „Bartl, du musst echt aufhören, weiteres Spielzeug anzuschleppen. Ich habe die Scheune schon magisch vergrößert, aber mehr passt nicht rein.“
Ertappt wollte der Krampus, der von seinen Freunden Bartl gerufen wurde, die Tür zuschlagen, doch der Weihnachtsmann war schneller und stellte seinen Fuß dazwischen.
„Wir wollten wirklich nur einen Hinweis, aber jetzt wollen wir eine Erklärung“, raunzte er den Krampus an.
Kleinlaut gab dieser den Weg ins Wohnzimmer frei. Dort lümmelten drei Schiechperchten auf dem Sofa. Diese sprangen schnell auf, als sie den Weihnachtsmann und das Christkind hereinkommen sahen.
„Was wollen die den hier?“, fragte einer der Perchten.
„Ihre Spielsachen zurück“, brummte der Krampus verstimmt. „Dank euch vorlauten Gesellen wissen sie, dass wir die genommen haben.“
Der Weihnachtsmann und das Christkind setzten sich auf das nun freie Sofa und sahen den Krampus erwartungsvoll an.
„Wollt ihr einen Tee?“, fragte einer der Perchten freundlich. Auch bei diesem wirkte sein freundliches Lächeln auf Außenstehende eher furchteinflößend, doch die Gäste kannten die Burschen gut genug, um die Freundlichkeit zu erkennen. Mit einem kurzen Nicken nahmen sie das Angebot an.
Der Krampus ließ sich in einen Sessel fallen und starrte vor sich hin. Die Perchten waren lieber verschwunden.
„Also, was hast du uns zu sagen“, begann der Weihnachtsmann schließlich das Gespräch, nachdem er an seinem Getränk genippt hatte, sein Gastgeber aber noch immer stumm blieb.
Der Krampus knetete nervös seine Finger, dann murmelte er leise: „Ich wollt halt auch mal der Nette sein, der Geschenk bringt.“
Das Christkind und der Weihnachtsmann sahen sich erstaunt an.
„Aber du bist nun mal der Krampus. Der Begleiter des Nikolaus, der die bösen Kinder bestraft“, belehrte ihn das Christkind.
„Ja, ich weiß, aber hast du eine Vorstellung wie das ist, wenn dich die Kinder immer ängstlich ansehen. Wenn sie davonlaufen, wenn sie dich nur von weitem sehen?“ Der Krampus machte eine kurze Pause. „Nein, weißt du nicht, woher auch. Wenn du irgendwo auftauchst, oder auch der Weihnachtsmann oder der Nikolaus sind alle immer hellauf begeistert. Sie lieben dich – oder doch zumindest eure Geschenke.“
„Und da dachtest du, wenn du dieses Jahr die Spielsachen bringst, dann lieben dich die Kinder auch und laufen nicht mehr davon“, ließ sich der Weihnachtsmann vernehmen.
Fast schon schüchtern nickte der Krampus.
„Ach Bartl. Es tut mir wirklich leid, dass du so darunter leidest, dass die Kinder Angst vor dir haben, aber ich schätze, ein paar Geschenke werden daran nichts ändern. Denen wird ja von klein auf beigebracht, dass du der Böse bist. Manche würden wahrscheinlich nicht mal das Spielzeug annehmen, weil sie davon ausgehen, dass das irgendwas böses ist. Menschen gehen halt immer nur nach dem Äußeren, wenn das nicht der Norm entspricht, ist derjenige erstmal ein Unhold.“ Traurig sah der Weihnachtsmann den Krampus an.
Dieser nickte betreten. „War ne blöde Idee. Ich bring dir auch alles zurück. Dir auch Christkind.“
„Danke, Bartl“, sagte der Weihnachtsmann mit einem freundlichen Nicken.
„Ja, Danke dir“, schloss sich das Christkind an. „Weißt du was, wenn die Feiertage vorbei sind, dann feiern wir alle zusammen ein Fest. Du, die Perchten, die Elfen, die Rentiere, der Nikolaus, der Weihnachtsmann und ich. Denn wir kennen dich und wissen, dass du eigentlich ein ganz lieber Kerl bist. Was hältst du davon?“
„Das wäre toll“, freute sich der Krampus aufrichtig.

Am nächsten Tag, hatten der Krampus und die Perchten alle Geschenke wieder zurückgebracht und der Weihnachtsmann und das Christkind konnten diese an alle braven Kinder verteilen.
Die kleine Gemeinschaft am magischen Nordpol freute sich jedoch auf das anstehende gemeinsame Fest, mit dem sie ihre Freundschaft und Zusammengehörigkeit feiern würden.